Das ganze Land wurde mit Regen „bedient“, allerdings in unterschiedlichen Mengen. Aufgrund der Südwestströmung fiel im Tessin am meisten Niederschlag (70 bis 150 mm), in den übrigen Regionen gab es vielerorts 20 bis 45 mm (s. Bild unten mit den 72-stündigen Niederschlagssummen).
In der Nacht auf heute (3. Mai) waren die Niederschläge vor allem in den zentralen und östlichen Alpen recht intensiv (Urner- und Glarnerland, Nord- und Mittelbünden). Ursache dafür waren die von der Alpensüdseite übergreifenden, teils konvektiv durchsetzten Niederschläge. So fielen beispielsweise in Andeer im Schams/GR innert 12h etwa 50 mm Niederschlag. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Schneefallgrenze aufgrund der sogenannten Niederschlagsabkühlung teilweise bis in die Talböden gesunken ist. Der Niederschlagsabkühlung liegt folgender physikalischer Prozess zugrunde: Geraten fallende Schneeflocken in eine „warme“ Umgebung, so beginnen sie zu schmelzen. Der Schmelzprozess entzieht der Umgebung aber Wärme, die Luftmasse kühlt ab.
Sind die Niederschläge also intensiv, so benötigt der Schmelzprozess viel Energie und die Schneefallgrenze kann sich sukzessive „nach unten“ vorarbeiten. Damit das Ganze in der Natur aber auch funktioniert, müssen ein paar Bedingungen erfüllt sein:
- wenig Wind, damit abgekühlte Luftschicht nicht durchmischt wird
- in den Alpentälern ist die Niederschlagsabkühlung im Vergleich zum Flachland viel effektiver. Dies aufgrund des geringeren Luftvolumens, welches abgekühlt werden muss. Sobald also die Schneefallgrenze das mittlere Kammniveau erreicht, kann sie bei intensivem Niederschlag relativ schnell absinken.
- starker Niederschlag (>10mm) in kurzer Zeit, als sehr grobe Faustregel gilt: pro 5 mm Niederschlag kann die Schneefallgrenze um 100 m absinken
Das nebenstehende Diagramm zeigt anhand der Messwerte der Wetterstationen Disentis (1197m; in blau) und Chur (556m; in rot) die lehrbuchmässige Niederschlagsabkühlung zwischen Sonntagabend und Montagmorgen. (Oben: Verlauf der Feuchttemperatur als Mass für die Schneefallgrenze, sobald die Feuchttemperatur etwa 1.2°C erreicht, geht der Regen an der Station in Schnee über; Mitte: 10-minütige Niederschlagssumme; Unten: automatisch gemessene Schneehöhe, nur in Disentis verfügbar)
Von der Luftmasse her lag die Schneefallgrenze am Sonntagnachmittag auf etwa 1800 Metern. Am Abend intensivierten sich die Niederschläge in Disentis, die 10-minütigen Intensitäten lagen kurzzeitig bei 1.5 mm, die Stundensummen erreichten über einen längeren Zeitraum 4 bis 8 mm. Ab etwa 22h (20h UTC) hat es an der Station geschneit, eine Stunde später lag 1 cm Schnee auf dem Messfeld. Bis am Morgen gab es immerhin eine Gesamtschneehöhe von 9 cm. In Chur haben die stärkeren Niederschläge später eingesetzt (zweite Nachthälfte), aber auch hier reichte es in den fühen Morgenstunden (ca. 4h) zumindest kurzzeitig für nassen Schneefall.
Neuschneemessungen von MeteoSchweiz von heute Morgen:
- Arosa: 27 cm
- Grimsel-Hospiz: 25 cm
- Andermatt: 19 cm
- Sedrun 15 cm
- Sils-Maria 10 cm
- Tavanasa 5 cm
- Samedan 3 cm
- Elm 1 cm
24-stündige Neuschneesummen von mehr als 25 cm sind in Arosa im Mai doch eher selten und kommen alle 3 bis 4 Jahre vor (Messung seit 1931). In den vergangenen Jahren war dies jedoch seltener der Fall, der letzte ähnliche Wert stammt mit 32 cm vom 6. Mai 1997. Die grösste Mai-Tagessumme wurde mit 63 cm am 1. Mai 1959 aufgezeichnet.
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