Kommentare, Analysen und kurze Beschreibungen zu interessanten Wetterlagen oder Wetterphänomenen in der Schweiz

Samstag, 30. Oktober 2010

Föhn ist schön!

Oder wie ein Professor am meteorologischen Institut in Innsbruck jeweils zu sagen pflegte: "Der Föhn ist so anregend wie eine Tasse guter Kaffee." Dem ist nichts hinzuzufügen.

Jedenfalls hat der der Föhn uns heute einen prächtigen Tag beschert. Auch wenn es einen Moment gedauert hat, bis die hohe und mittelhohe Bewölkung (föhngeschwächte Reste einer ersten Kaltfront) abgezogen ist. Wir waren heute am Föhnrand unterwegs - von Steg im Zürcher Oberland über das Schnebelhorn (immerhin der höchste Gipfel des Kanton Zürich…) und die Chrüzegg nach Wattwil.

Der Wind war meistens schwach, in den klassischen Föhnregionen hat das natürlich anders ausgeschaut. Besonders im Reusstal hat ein veritabler Föhnsturm getobt, weiter nördlich machte der Föhn wegen der oben erwähnten schwachen Kaltfront tagsüber vorübergehend Pause:
Windverlauf am Gütsch ob Andermatt, 2287 m
rot: Böenspitzen, schwarz Mittelwind in km/h
 
Windverlauf in Altdorf, 438 m. Der Föhn wehte hier
durchgehend mit einer maximalen Böe von 128 km/h

Windverlauf in Glarus, 517 m. Der Föhn machte 2 x Pause,
erkennbar an der Winddrehung auf W/NW und der
abnehmenden Geschwindigkeit

Windverlauf in Schmerikon, 408 m am oberen Zürichsee,
hier konnte sich die Föhnströmung nur in der Nacht
kurzzeitig durchsetzen.
Quelle der Diagramme: MeteoSchweiz, aktuelles Wetter
Hier noch ein paar visuelle Eindrücke. Auffallend waren vor eines: Trotz des Föhnsturm waren die Sichtverhältnisse nicht extrem gut. Der Grund dafür: Auf der Alpensüdseite hat es heute noch nicht geregnet - die Luft war im Norden zwar sehr trocken (relative Feuchte teils unter 25%), aber die Schmutzpartikel konnten vom Regen nicht ausgewaschen werden. Auf morgen wird sich das ändern, ich schätze mal dass die Sicht noch um einiges besser sein wird:

Die Dunstglocke über dem Tal (Linthebene) zeigt, dass hier kein Föhn weht. Siehe dazu auch Windverlauf
in Schmerikon Diagramm oben.
 
Die Alpstein-Welle: Über dem Alpstein und Appenzellerland ist der Föhn bis weit nach Norden
durch die typische Lenticularis Bewölkung markiert
 
Das Föhnfenster: Am Abend ist erneut hohe Bewölkung aufgezogen, gegen Süden hin ist zunächst
ein Föhnfenster offen geblieben. Es hat sich in der Folge aber rasch geschlossen.
In den mittleren und unteren Schichten ist der Föhn in unveränderter Stärke erhalten geblieben

Montag, 25. Oktober 2010

Genuatief bringt Bisensturm, viel Schnee und einen trüben Nordföhn

Das aktuelle, namenlose Genuatief hat in der Nacht auf heute und auch tagsüber für interessantes Wetter gesorgt.
Bodenanalyse mit Fronten vom Montag, 25. Oktober 2010,
00 UTC. Quelle: http://www.wetterpate.de/
Einmal mehr hat sich eine klassische Gegenstromlage entwickelt. Dabei strömt in den unteren Schichten aus Norden Kaltluft zu den Alpen. In der Höhe herrschen gleichzeitig südliche Winde, welche feuchtmilde Luft zum Alpenraum bringen. Die wärmere Luft aus dem Mittelmeerraum gleitet nun auf die im Norden liegende schwere Kaltluft auf und wird angehoben - es entstehen grossflächige Niederschlagszonen (s. Schema unten). Die grossen Druckgegensätze sorgten zudem in der Westschweiz, über den Alpen und im Süden für viel Wind.

Vereinfachtes Schema einer Gegenstromlage
Schnee:
Es war zwar vielerorts trüb und grau, oberhalb von etwa 800 Metern hat aber eindeutig die Farbe weiss dominiert. So sind in den Bergen in den letzten 24 Stunden verbreitet 15 bis 30 cm Neuschnee gefallen, stellenweise waren es gegen 40 cm:

Die aktuellen Messungen der Wetter- und Schneebeobachter vom SLF und MeteoSchweiz sind hier zu finden:
http://www.slf.ch/lawineninfo/schneeinfo/stationsdaten/index_DE
http://www.meteoschweiz.admin.ch/web/de/wetter/aktuelles_wetter.par0021.allStations.html


Am Vormittag war ich im Bereich der Ibergeregg/SZ, 1406m unterwegs (alle Fotos sind aus dieser Region). Wie so oft nimmt die Schneehöhe innerhalb von wenigen 100 Höhenmetern massiv zu. In Oberiberg/SZ, 1080m hat der SLF Beobachter am Morgen 14 cm Schnee gemessen. Auf 1400 Metern liegt bereits 30 bis 40 cm feinster Pulverschnee. Direkt auf dem Pass und über die Kreten wehte aber ein böiger Nordwind. Dieser sorgte für einige Verwehungen, die Temperatur lag bei etwa -3 Grad.

 

  
Windfiedern in kt und Böenspitzen in km/h, Momentaufnahme
von 16.50h MESZ. Schön zu sehen ist die Windzunahme vom
Seeland südwestwärts. Interessant auch der starke Wind in
Brienz (BRZ): Hier greift die Bise vom Brünigpass ins Tal hinunter
und spaltet sich bei Meiringen in ein Ast talabwärts und einen
talaufwärts Richtung Grimsel. Quelle: MeteoSchweiz

Wind:

Dann war aber auch noch der Wind ein Thema. Die Bise war wie erwartet am Genfersee am stärksten (wegen der Kanalisierung zwischen Jura und den Alpen) - es wurden Böenspitzen von 90 km/h registriert. Auf der Jurakrete und in den Hochalpen erreichten die Böen stellenweise über 100 km/h. Im Tessin und den Bündner Südtälern wehte der Nordföhn mit Spitzen von 60 bis knapp 90 km/h.

Trotz Nordwind war es hier aber ganztags trüb. Die unteren Luftschichten wurden zwar abgetrocknet, oberhalb von etwa 2500 Metern sorgte das Genuatief aber ganztags für Feuchtenachschub aus Südosten - sodass es zeitweise sogar regnete. Ein ähnlicher Effekt kommt manchmal auch bei Südföhn vor und wird Dimmerföhn genannt. Ob dieses Phänomen auf der Alpensüdseite auch einen Namen besitzt, ist mir aber nicht bekannt.

Donnerstag, 21. Oktober 2010

Hüttenfrost…??

Heute im Zeitungswetterbericht: „Es gibt somit verbreitet Boden- und stellenweise Hüttenfrost“. Ich würde mal sagen, 99% der Zeitungsleser können mit dem zweiten Begriff in diesem Satz nichts anfangen (zumindest ergab meine nicht repräsentative Umfrage im Bekanntenkreis eine Trefferquote von 0%...). Also sollte das Wort Hüttenfrost im Wetterbericht ohne genauere Erläuterung eigentlich nicht verwendet werden.

Obwohl ich den Begriff persönlich nicht mag, gibt es eine einfache Erklärung dafür: Bevor es automatische Wetterstationen gab, wurden die Messgeräte (unter anderem auch das Thermometer) in den sogenannten Wetterhütten aufgestellt und 3x täglich abgelesen. Einige dieser Hütten sind heute noch in Betrieb. Die Messung erfolgt dabei standardisiert in 2 Meter Höhe über dem Boden - damit die Geräte abgelesen werden können, steht eine kleine Treppe an der Hütte:

Wetterhütten im Garten der MeteoSchweiz in Zürich: Links eine
klassische englische Hütte (an Klimastationen noch heute im Einsatz),
rechts ein Wild'sche Hütte (vereinzelt bis 1970 im Einsatz). Das Foto
entstand übrigens am 30. Oktober 2008, wo es bis ins Flachland geschneit
hat und stellenweise neue Oktober-Schneerekorde aufgezeichnet wurden.

Gibt es nun in einer Höhe von 2 Metern Frost (eben in der Hütte), so wird dieser manchmal auch als Hüttenfrost bezeichnet. Dies im Gegensatz zum Bodenfrost, welcher sinnigerweise am Boden auftritt.

Die Unterscheidung dieser zwei Frostarten ist absolut sinnvoll und wichtig. Nicht immer wenn Bodenfrost auftritt, sind auch die Temperaturen auf 2 Metern Höhe unter 0 Grad. In klaren Nächten kühlt nämlich immer zuerst der Boden ab, dieser gibt dann die Kälte an die darüberliegende Luft weiter. Dementsprechend ist es während einer klaren Nacht am Boden im Schnitt etwa 4 bis 6 Grad kälter als in 2 Metern Höhe (die Regel gilt für apere Verhältnisse). Aktuelles Beispiel von heute 21 Uhr: Am Flughafen Zürich Kloten hat es in Bodennähe bereits -4.0°C (gemessen 5cm über dem Gras), während es in 2 Metern Höhe zur Zeit noch +1.7°C warm ist.

Dienstag, 19. Oktober 2010

Schattenwurf

Heute gab es in allen 3 Wolkenstockwerken etwas zu sehen: Am Morgen in der untersten Schicht Nebel- und Hochnebelfelder, im Laufe des Vormittags sind dann in den mittleren Schichten dichte Altocumulusfelder aufgezogen. Darüber hatte es im obersten Stockwerk noch Schleierwolken (Cirrostratus) und Kondensstreifen (Cirrus aviaticus). Diese Kondensstreifen in etwa 7 bis 9 km Höhe haben am Vormittag kurzzeitig einen schönen Schattenwurf auf die darunterliegenden Altocumulusfelder (in etwa 4.5 km Höhe) produziert:

Schattenwurf von einem Kondensstreifen auf die darunterliegende
mittelhohe Bewölkung. Standort Thalwil, ca. 10.30h, Blick nach S
Ansatzweise waren die Kondensstreifen und deren Schatten auch auf den Satellitenbildern zu erkennen. Allerdings handelt es sich höchstwahrscheinlich nicht um denselben wie im obigen Bild:

Quelle: www.sat24.com/alps

Donnerstag, 14. Oktober 2010

Überraschend hohe Nebelobergrenze

Die seit dem 6. Oktober anhaltende Nebel- und Hochnebellage hat heute bezüglich Ausdehnung und Obergrenze des Hochnebels wohl ihren Höhepunkt erreicht. Obwohl, noch ist nicht ganz klar wie das morgen genau abläuft... Danach ist es aber definitiv vorbei mit Nebel und Hochnebel im klassischen Sinn.

Auf jeden Fall ist die Nebelobergrenze bereits gestern Abend auf etwa 1900 Meter gestiegen, und der Hochnebel ist bis in die inneren Alpentäler vorgedrungen. Heute schwankte die Obergrenze zwischen 1700 und stellenweise 2000 Metern. Damit war sie unerwartet hoch, in der Prognose des Vortags ist aufgrund der sich abschwächenden Bise eigentlich ein Absinken auf etwa 1400 Meter erwartet worden. Eine zufriedenstellende Antwort auf dieses Phänomen habe ich bis jetzt noch nicht gefunden. Möglicherweise sind aber schwache Hebungseffekte vom Tief, welches seit gestern von der Adria nach Griechenland gezogen ist, für diese "Misere" verantwortlich.

Trotzdem, der Blick auf das Satellitenbild von heute Morgen um 9 Uhr macht Freude und zeigt die (glücklicherweise) nicht alltägliche Verteilung des Hochnebels. Man rätsle wie all die weiss-gräulichen, nebelgefüllten Täler heissen…. Ganz in weiss sind noch die grösseren mit Gletscher und Schnee bedeckten Regionen zu erkennen:

Satellitenbild (HRV-Kanal) von Donnerstag, 14. Oktober 2010
9 Uhr MESZ; Quelle: MeteoSchweiz/eumetsat

Samstag, 9. Oktober 2010

Hochnebel - alles andere als langweilig

Die vermeintlich langweilige Inversionswetterlage zeigt bei genauerer Betrachtung einige höchst interessante lokale und regionale Wetterphänomene. Doch zuerst zu den "Fakten" des heutigen Tages: Beidseits der Alpen lag Hochnebel. Im Norden waren vor allem das Mittelland und einige Voralpentäler betroffen, am Morgen lagen auch in der Nordwestschweiz einige Hochnebelfelder. Die Obergrenze war auf etwa 1100 Metern. Auch auf der gesamten Alpensüdseite lag eine kompakte Schicht mit hochnebelartiger Bewölkung, die Obergrenze war hier jedoch erst auf etwa 2400 Metern zu finden. Am Vormittag wurde auch das gesamte Engadin von der Feuchte erfasst, selbst der Flüelapass war am Morgen kurzzeitig im Nebel:

Quelle: www.sat24.com/alps
Nun aber zu den Besonderheiten: Im Süden liegt unterhalb der erwähnten Inversion auf 2400 Meter eine markant kältere Luftmasse als im Norden. Auf 1500 Meter wurden in der Radiosondierung am Mittag in Payerne/VD (repräsentativ für das Mittelland) +16 Grad gemessen, in Mailand (repräsentativ für die Alpensüdseite) waren es lediglich +4 Grad. Da kalte Luft schwerer ist als warme, war hier der Luftdruck am Boden etwa 5 bis 8 Hektopascal (=hPa) höher als auf der Nordseite, zwischen Lugano und Sion betrug die Differenz kurzzeitig sogar 9 hPa. Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass die Kaltluft - ähnlich wie bei einem Stauwehr - böig über die tieferen Alpenübergänge am Hauptkamm nach Norden floss. In Hinterrhein am Fusse des San Bernardino wurden immerhin Böenspitzen von fast 60 km/h gemessen. Das erwähnte Überströmen wurde von einigen Webcams schön dokumentiert:

Blick von der Tanatzhöhi/GR, 2136m nach Osten. Am rechten Bildrand liegt der von der
Kaltluft überströmte Splügenpass (2115 m). Quelle: Kameranetz MeteoSchweiz
So strömte beispielsweise am Splügen (s. Bild oben) eine "Wolkenwurst" von Süden her dynamisch über den Pass, während des Absinkens nördlich davon löste sie sich allmählich auf. Oberhalb der Inversionsschicht lag beidseits der Alpen praktisch dieselbe Luftmasse und die Druckverhältnisse waren ausgeglichen. Auf 3000 Metern wurden teils sogar schwache nördliche Winde registriert.

Ein zweites interessantes Phänomen ist die Quellwolkenbildung über den Alpen: Über der Inversion war de Schichtung der Atmosphäre sommerlich labil geschichtet, sodass sich besonders in den westlichen Alpen grössere Quellwolken bildeten. Im südlichen Wallis reichte es sogar - ähnlich wie bereits gestern - für einzelne schwache Regenschauer. Im Oberengadin hingegen zeigte sich das seltene Bild einer Hochnebelschicht mit hochbasigen Quellwolken darüber:
Radarbild von 16 Uhr Lokalzeit. Aufgrund der
Abschattungseffekte der Berge wurden wahr-
scheinlich nicht alle Schauerzellen erfasst.
Quelle: MeteoSchweiz
Hochnebel und Quellwolken: Blick von der Bergstation der Corvatschbahn/GR, 3300m zum Malojapass
und ins Engadin. Rechts der Station befindet sich das Val Roseg mit dem Piz Bernina (4049 m).
Quelle: Kameranetz MeteoSchweiz
Die Gleitschirmflieger hatten eine wahre Freude mit der für die Jahreszeit ausgesprochen guten Thermik. Ein Pilot konnte von Fiesch im Wallis einen Teil der Walliser und Berner Hochalpen überqueren und bis nach Interlaken fliegen. Dies ist zu dieser Jahreszeit und noch dazu bei einer Hochnebellage wohl nur äusserst selten möglich. Den Track des Fluges gibt's hier.

Donnerstag, 7. Oktober 2010

Der Herbst ist endgültig da…

Dass die Anfälligkeit für Nebel und Hochnebel im Oktober rasant zunimmt ist eigentlich bekannt. Vor ein paar Tagen hat vermutlich aber noch niemand gedacht, dass es bereits heute (7. Oktober) in einigen Gebieten der Deutschschweiz ganztags trüb bleibt (auch wir Meteorologen nicht...).

Bereits gestern war es im zentralen und östlichen Mittelland recht verbreitet neblig, allerdings hat sich die graue Suppe am Nachmittag vollständig aufgelöst. Hier ein Satellitenbildvergleich von gestern und heute, jeweils um 16 Uhr:
Quelle: http://www.sat24.com/
Gestern war die Obergrenze recht unterschiedlich, im Mittel lag sie auf etwa 800 Meter. Heute war sie am Morgen ebenfalls auf etwa 800 Meter, bereits im Laufe des Vormittags begann das Nebelmeer mit der etwas zunehmenden Bise anzusteigen. In dieser Phase hat es zwischen Thalwil und Langnau am Albis vorübergehend genieselt. In Unteralbis erreichte der Nieselregen kurzzeitig sogar mässige Stärke (wohl dank "Stau" und Hebung an der Albiskette).

Auf der Hochwacht (878 m + 33 m Turmhöhe) habe ich dann die Sonne grad noch erwischt, bevor der Nebel aus Osten über die Krete geschwappt ist. Zu dieser Zeit war die Obergrenze im Säuliamt im Lee der Albiskette noch etwa 150 Meter tiefer:

An der Nebelgrenze können immer wieder schöne optische
Phänomene beobachtet werden: Hier machen die kleinen
Nebeltröpfchen den Strahlengang der Sonne sichtbar.
Unterschiedliche Nebelobergrenze: Blick von der
Albis Hochwacht nach S/SW
Bis am Abend ist die Nebelobergrenze dann auf 1100 bis 1300 Meter angestiegen, zuvor gab es vom Vogelherd bei Einsiedeln noch einen schönen Nebelrand zu sehen, später hat es auch hier eingenebelt:

Zwischen Höhronen (links) und Etzel (rechts), sowie über den Etzelpass wird der Nebel vom nachmittäglichen
Talwind in Richtung Sihlsee gesogen.