Kommentare, Analysen und kurze Beschreibungen zu interessanten Wetterlagen oder Wetterphänomenen in der Schweiz

Samstag, 25. Dezember 2010

Die zwei "Weihnachtsluftmassen"...

Das kurze Fazit zum Thema Schnee und Weihnachten: Es hat vielerorts geschneit, stellenweise wurde es aber erst im Laufe des 25. weiss (Urner Reusstal, Walensee, Sarganserland, Region Chur). In der Nordwestschweiz hingegen wurden am Samstagmorgen recht verbreitet 15 cm Neuschnee gemessen. Im Mittelland waren es 3 bis 13 cm, vor allem in den ganz tiefen Lagen des Mittellandes ist die Schneedecke vielerorts dünn. Heute hat es vor allem in den Nordstaulagen von der Zentralschweiz bis zum Alpstein geschneit, dies zeitweise mit mässiger Intensität. Details zum Schnee an Heiligabend gibt's bei MeteoSchweiz.

Die herrschende Wetterlage und insbesondere die Luftmassenherkunft zeigen ein paar interessante Details:

96-stündige Rückwärtstrajektorie ("Herkunft der Luftmasse")
von heute (25.12.2010) Mittag; blau: Luftmasse auf 4800 m,
rot: Luftmasse auf 2300 m. Quelle: NOAA Hysplit
Für die Temperaturbetrachtung gehören die Farben
eigentlich genau umgekehrt...;-)

Die auf der Alpennordseite unterhalb von etwa 3000 Metern eingeflossene Kaltluft hat ihren Ursprung in Südfinnland (Polarluft). Oberhalb von etwa 3500 Metern gelangte von Süden her Subtropenluft in den Alpenraum. Diese ist in einem Bogen von den Azoren über Marokko, das westliche Mittelmeer und Norditalien zu uns gezogen (s. Bild oben). Schaut aus wie eine perfekte Gegenstromlage (siehe hier oder hier), nur: Die Strömung in der Höhe war nicht sehr stark (erkennbar am kurzen Abstand zwischen den blauen Rechtecken über Norditalien und dem Golf von Genua...). Dementsprechend waren die Aufgleitniederschläge auch nicht sehr stark, sonst wäre das die perfekte Starkschneefall-Lage für die Alpennordseite gewesen.... 

Auf der Radiosondierung von Payerne sind die erwähnten Luftmassenunterschiede schön zu erkennen:

Radiosonde Payerne, 25. 12.2010, mittags. Linke rote Kurve Taupunkt,
rechte Kurve Temperatur (je näher die Linien zusammen sind, umso
feuchter ist die Luft). Ganz rechts sind die Windgeschwindigkeit
und Windrichtung angegeben (unten Bise oben ganz schwacher
Südostwind). Quelle: MeteoSchweiz

Aber auch die Messstationen bestätigen diesen Befund: So war es beispielsweise heute Mittag auf dem Jungfraujoch (3580m) mit -10°C gar nicht so kalt - auf den Jurahöhen (ca. 1600m) hingegen wurden -12°C gemessen und auf dem Säntis wurden -15°C registriert.

Die erwähnte Kaltluft staute sich mit einem Überdruck von 15 Hektopascal am Alpennordhang und löste am Alpenhauptkamm und auf der Alpensüdseite einen böigen Nordwind aus. Dieser war allerdings nur unterhalb von 2500 bis 3000 Metern spürbar, und zwar mit Windspitzen von 50 bis 75 km/h. Oberhalb von dieser Schicht war es schwach windig. Auf dem Jungfraujoch (3580m) oder am Corvatsch/GR (3305m) wehte (wie auch in der Radiosondierung) ein leichter Südostwind:
Windgeschwindigkeit, Windrichtung, Böenspitzen in kt und Bewölkung,
25. Dezember 2010, 13h MEZ
Trotz Nordwind gab es auf der Alpensüdseite keine Sonne. Im Gegenteil: vorübergehend hat es vielerorts ein paar Tropfen geregnet, der Einfluss des nahen Tiefs über dem Golf von Genua war zu stark.