Kommentare, Analysen und kurze Beschreibungen zu interessanten Wetterlagen oder Wetterphänomenen in der Schweiz

Freitag, 11. Juni 2010

Sommerföhn 9./10. Juni 2010 - Details aus der Region Zürichsee

Der eindrückliche Föhn der vergangenen Tage hat mir noch keine Ruhe gelassen. Auf jeden Fall: Schön war’s und hochinteressant. Ergänzend zum Bericht von MeteoSchweiz hier noch ein paar Anmerkungen mit Fokus auf den Raum Zürichsee und die Wetterstation Wädenswil. Die folgende Grafik der Station schaut auf den ersten Blick ein wenig kompliziert aus. Sie zeigt aber recht anschaulich den Verlauf der wichtigsten meteorologischen Parameter vom 9. bis 11. Juni 2010:

Von oben nach unten dargestellt sind: Windfiedern (schwarz);
Mittelwind in kt (dünne schwarze Linie), Böenspitzen in kt
(dicke schwarze Linie: 25 kt=46 km/h, 50 kt=93 km/h);
Temperatur in °C (rote dicke Linie), Feuchttemperatur (rote dünne Linie),
Taupunkt (blaue Linie), relative Feuchte in % (grüne Balken - rechte Skala);
Sonnenscheindauer (gelbe Balken); Luftdruck (braun);
Niederschlagssumme (blau). Zeit in UTC (=MESZ-2h)
Kurz zusammengefasst: Der Föhn hat am 9. Juni um etwa 15h MESZ eingesetzt, in der Nacht auf den 11. Juni erfolgte das abrupte Föhnende (kurz nach 1h). Dazwischen hat er in der Nacht auf den 10. „geschwächtelt“ (es war zwar nicht mehr eindeutig föhnig, aber zumindest gab es eine Föhn-Mischluft an der Station). Normalerweise zieht sich die Föhnströmung aufgrund der nächtlichen Kaltluftproduktion durch die Abstrahlung in die klassischen Föhnregionen zurück. Dies wurde durch die ausgedehnte Bewölkung verhindert, und dementsprechend konnte der Föhn am 10. Juni bereits sehr früh wieder bis ins Mittelland vorstossen. Am Abend kurz vor 20 h erreichte er dann mit 93 km/h (50 kt) seine maximale Stärke.

Aus diesem Anlass habe ich mal die vergangenen Föhnfälle an der Station Wädenswil ausgewertet. Automatisch gemessen wird an diesem Standort seit dem 1.1.1981, so stand immerhin eine fast 30-jährige Reihe zur Verfügung.
Gleich vorneweg: Sommer-Föhnffälle in ähnlicher Stärke habe ich nur zwei gefunden:
  • Böenspitze von 80 km/h am 29. Juli 2005 und
  • Böenspitze von 82 km/h am 3. Juni 1984

An den 2005er Fall kann ich mich ohnehin noch leibhaft erinnern, der war recht speziell: Von Westen her waren Monstergewitter unterwegs, gleichzeitig hat es von Süden her aus einem Gewitteramboss in die trockene Föhnluft geregnet. Die Folge war ein extremer Südwind aus den Alpentälern heraus. Bei diesem Südwind handelte es sich um einen modifzierten Föhn - er wurde durch den sogenannten "dry downdraft" verstärkt (starker Abwind, verursacht durch den Abkühlungseffekt von verdunstendem Niederschlag). Ein Bericht dazu ist hier zu finden.

Insgesamt gab es seit 1981 an 16 Tagen Föhn mit Böenspitzen von über 75 km/h (6 im Herbst, 5 im Winter, 2 im Frühling und 3 im Sommer). Den Föhnrekord bezüglich Böenspitzen hält der 12. November 1996 mit 104 km/h. Die Windrichtung ist bei den starken Fällen fast immer Süd (zwischen 170 und 195 Grad), dabei handelt es sich um den Urner Föhn. Der Glarner Föhn weht in Wädenswil aus Südost (150 bis 160 Grad) und ist meist schwächer (2 Fälle mit mehr als 75 km/h).

Die absolut grösste Böenspitze an der Station Wädenswil stammt mit 132 km/h - wen wunderts - vom Sturm Lothar vom 26. Dezember 1999. Ebenfalls 132 km/h wurden aber auch am 26. Januar 1995 gemessen, meines Wissens ist diese Sturm namenlos.

Zum Abschluss noch eine zusammengebastelte Grafik mit der Seetemperatur, gemessen in Oberrieden, und dem Windverlauf, gemessen in Wädenswil:

Verlauf der Seetemperatur (grosse Grafik, Quelle: AWEL Zürich)
und des Winds (kleine Grafik, Quelle: MeteoSchweiz)
Die Abnahme der Wassertemperatur von etwa 8 Grad durch die Durchmischung mit dem Wind ist eindrücklich, die erwärmte Schicht war aber wohl auch noch nicht allzu dick. Mit den schwachwindigen Verhältnissen und der Besonnung hat sich die Temperatur am 11. Juni aber rasch wieder erholt.

1 Kommentar:

  1. Toller Bericht! Auch hier in Winti mit Abstand das stärkste Föhnereignis das ich in den letzten 15-18 Jahren mitbekommen habe. Gruss Asi

    AntwortenLöschen