Kommentare, Analysen und kurze Beschreibungen zu interessanten Wetterlagen oder Wetterphänomenen in der Schweiz

Montag, 24. Mai 2010

Bilanz Pfingstwetter: prächtig!

Über die Pfingsttage sind wohl ziemlich alle auf Ihre Kosten gekommen. Es gab Wind für die Segler und Surfer (Talwind und Bise, am Pfingsmontag SW-Wind), Thermik für Gleitschirm- und Segelflieger, trockene Wege für Wanderer und Mountainbiker, tolle Schneeverhältnisse in den Hochalpen für letzte Frühjahrstouren, und natürlich auch viel Sonne für alle anderen...

Zwei Ausnahmen sind aber zu erwähnen: Wasserraten hatten an den grösseren Seen noch nichts zu lachen, die Wassertemperatur liegt nämlich erst bei etwa 15 Grad (z.B. Bodensee und Zürichsee). Dann waren da noch die Bauern, die mussten nämlich „chrampfen“, und wie. Ich habe noch selten so viel frisch gemähtes Gras gesehen, wie in den letzten drei Tagen. Nach der langen feuchten Periode waren die Wiesen in den tieferen Lagen überreif, und so wurde über die Pfingsttage geheut und siliert was das Zeug hielt.
Zwischen den einzelnen Tagen gab es aber doch einige Unterschiede, kurz aufgezählt gab es:

Am Samstag:

Die Restfeuchte trocknet langsam ab. Blick vom
Chrüzliegg/OW zum Pilatus.

  • in Basel am Morgen stockdicken Nebel, am Genfersee, in der Zentralschweiz und im Thurgau ein paar Hochnebelfelder
  • zahlreiche Quellwolken mit tiefer Basis und gegen Abend einzelne Schauer zwischen Rätikon und dem nördlichen Graubünden sowie um den Walensee
  • Bise
  • mit Nordwind in Comprovasco 28.5°C, in der Deutschschweiz 21-22°C

Am Pfingstsonntag:

Frühlingswiese zwischen Stöcklichrüz und Oberegg/SZ,
gegen Osten hin waren die Quellwolken zahlreicher

  • den zentralen und östlichen Voralpen entlang sowie im Bündnerland zahlreiche Quellwolken, vor allem in Graubünden war die Besonnung etwas reduziert
  • nachlassende Bise
  • Temperatur in der Deutschschweiz um 23°C

Am Pfingstmontag:

Blick vom Schimbrig/LU, 1815m nach Süden
in die schneebedeckten Hochalpen

  • Schweizweit gesehen der sonnigste der drei Tage, nur noch wenige Quellwolken
  • Winddrehung auf W-SW
  • mit 27°C auch im Norden verbreitet ein Sommertag, am wärmsten war es mit 28.2°C in Visp

Donnerstag, 20. Mai 2010

Novemberstimmung im Mai…

Die Warmfront von gestern hat ziemlich viel Feuchte zurückgelassen, so gab es heute vor allem in der Ostschweiz einen ausgesprochen trüben Tag. Novembertristesse im Mai, mit dem kleinen Unterschied dass die Wiesen und Bäume in einem saftigen Grün leuchten. Am Morgen war die Wolkenbasis zeitweise unter 800 Meter, am Nachmittag ist sie nur wenig angestiegen. Ohne Sonne war der Tagesgang der Temperatur ziemlich gedämpft, die Werte stiegen lediglich um 4 bis 5 Grad an. Als kleiner Trost: Im November wären das höchstens 2 Grad gewesen…

Nun aber zur Bilanz der ersten 20 Tage vom Mai. So aus dem Handgelenk würde man sagen: Trüb, nass und kühl. Eigentlich völlig richtig, für die Region Zürich-Ostschweiz heisst das im Detail:
  • Temperatur: Die Tagesmittel liegen 1 bis maximal 2 Grad unter dem langjährigen Schnitt der Jahre 1960 bis 1990. Keine Sensation, es gab auch schon Jahre in denen der gesamte Mai mehr als 2 Grad zu kalt war.
  • Niederschlag: Das Soll für den gesamten Monat wurde vielerorts, aber nicht überall bereits erfüllt. Vereinzelt wurde bereits 130% des Monatssolls erreicht. Auffallend sind dabei nicht die grossen Regenmengen, sondern die hohe Anzahl der Tage an denen es geregnet hat.
  • Besonnung: Dies ist sicher der interessanteste Parameter bisher, und hier täuscht der Eindruck nicht: Die ersten 20 Tage waren extrem trüb und man findet kaum Jahre in denen es vom 1. bis am 20. Mai so wenig Sonne gab.

Für die Stationen Zürich und Säntis habe ich die Daten genauer untersucht (Quelle der Daten: MeteoSchweiz):

Vom 1. bis 20. Mai 2010 wurden in Zürich 27.7h und am Säntis nur gerade 15.8h Sonne registriert. In der Datenreihe von Zürich findet sich seit Messbeginn im Jahre 1884 kein Jahr mit so wenig Sonne. An zweiter Stelle liegen die ersten 20 Maitage des Jahres 1939 mit einer Summe von 35.5h.

Am Säntis findet man ein einziges Jahr mit weniger Sonnenstunden: Vom 1. bis am 20. Mai 1902 wurden nur gerade 13.1h aufgezeichnet. Die 15.8h von diesem Jahr liegen dementsprechend auf dem zweiten Rang. Weitere sonnenarme Maiperioden mit einer Summe von weniger als 50h in 20 Tagen gab es in Zürich in den Jahren 1902 und 1978 und am Säntis 1939, 1991, 1978, 1930, 1933 und 1962.

Am anderen Ende der Fahnenstange liegen in Zürich die Jahre 1945, 1888 und 1998 mit fast 190 Sonnenstunden, und am Säntis die Jahre 1992, 1927 und 1976 mit etwa 160 Stunden (wie vorhin jeweils immer vom 1. bis 20. Mai).

Montag, 17. Mai 2010

„Ausbreitungen“ oder „Die Entstehung von Altocumulus cumulogenitus“

Vor allem in den Flugwetterberichten liest man immer wieder von Ausbreitungen oder Tendenz zu Ausbreitungen. Dieses meteorologische Phänomen konnte ich heute während meiner Biketour den ganzen Tag verfolgen.

Nach 9 Uhr hat sich die Bewölkung rasch aufgelöst, und es wurde für einmal sonnig. Die feuchte Luft wurde aber rasch aufgekocht (der feuchte Boden sorgte für Nachschub), sodass sich bald grosse Quellwolken bildeten. Diese Quellwolken haben sich aber rasch „den Kopf angeschlagen“, sie sind nämlich in einer Höhe von etwa 3200 Metern an eine Inversion gestossen:

Das Bild ist heute kurz nach 11 Uhr zwischen Schönenberg und Hütten/ZH mit Blick Richtung Norden entstanden. Die beschriebene Inversion wirkt wie ein Deckel, und die Wolke muss sich seitwärts ausbreiten (mehr zum genauen thermodynamischen Ablauf weiter unten). Solange mit der Thermik von unten Feuchtenachschub kommt, breitet sich die Wolke weiter aus. Meistens sind auch mehrere Aufwinde gleichzeitig aktiv, sodass diese Ausbreitungen relativ grossflächig auftreten:

Kurz vor 13 Uhr ist die Sonne dann praktisch verschwunden, wie auf dem oberen Bild zu sehen ist. Standort ist der Höhrohnen (1228m), ganz in der Nähe des sogenannten Dreiländersteins, an dem die Kantone Schwyz, Zug und Zürich zusammentreffen. Der Blick geht nach NNW.

Aus den Quellwolken (Cumulus) sind also mittelhohe Wolkenfelder entstanden (Altocumulus), deshalb der kryptische Name im Titel des Beitrags. Man könnte jetzt aber noch diskutieren, ob hier nicht auch ein Anteil von stratiformer Bewölkung (Altostratus) dabei ist.

Mit Hilfe der Radiosondierung von Payerne/VD von Mitternacht, kann man die beobachtete Wolkenbildung „auf Papier“ nachvollziehen bzw. konstruieren:

Die zwei roten Kurven in der Mitte sind die Temperatur (rechts) und der Taupunkt als Feuchtemass (links). Auf etwa 3200 Meter (Höhenangabe auf der rechten Seite) machen beide Kurven einen Knick. Hier befindet sich die Inversion, genau genommen handelt es sich um die Absinkinversion eines Hochdruckgebietes. Weiters habe ich eingezeichnet:

(1) Die prognostizierte Mittagstemperatur von heute, ca. 14°C
(2) Der prognostizierte Taupunkt, ca. 5°C
(3) Die Wolkenbasis lässt sich aus (1) und (2) konstruieren (Schnittpunkt der violetten strichpunktierten und der durchgezogene Linie)
Die Wolke wächst weiter, solange sich die violette strichlierte Linie (Temperatur der Wolke) rechts der roten Linie (Umgebungstemperatur) befindet. Bei (4) wird der Aufwind gebremst, da die aufsteigende Luft jetzt in die kältere Umgebungsluft reinläuft. Die Inversion stoppt also das vertikale Wachstum der Quellwolke. Solange von unten Feuchtigkeit nachkommt, muss sie seitlich ausweichen.

Samstag, 15. Mai 2010

Nordföhn - nicht nur auf der Alpensüdseite

Auf der Alpennordseite und in weiten Teilen von Graubünden war es auch heute mehr oder weniger trüb mit tief hängender Bewölkung. Einzig in Disentis/GR und in Aigle/VD gab es etwas mehr als eine Stunde Sonnenschein, in Genf waren es wenige Minuten.

Ein deutlich anderer Wettercharakter herrschte auf der Alpensüdseite: Im Laufe des Tages hat sich der Nordwind mit Böen von etwa 60 km/h bis ins Mendrisiotto und später bis auf die Poebene durchgesetzt. Dadurch wurden die unteren und mittleren Luftschichten rasch abgetrocknet. Allerdings war die Sonneneinstrahlung bei weitem nicht uneingeschränkt. Ein kräftiges Tief über der Adria hat oberhalb von etwa 4500 bis 5000 Metern aus Südosten dichte Schichtwolken zur Alpensüdseite geführt. Das Satellitenbild zeigt schön die tiefe Bewölkung, welche sich aus Norden an den Alpen staut und die hohen Schichtwolken, welche aus Südosten zu den Alpen gelangen (Quelle: sat24.com):

Der Nordwind sorgte heute aber auch nördlich des Alpenhauptkamms gebietsweise für Föhneffekte: So beispielsweise am Jurasüdfuss. Hier wird der von den Jurahöhen herunterstürzende, Bora-artige Fallwind "Joran" genannt. In Neuenburg wurden immerhin Böenspitzen von 52 km/h gemessen.

Nordföhneffekte wurden zudem aus Montana und Visp im Zentralwallis sowie vom Flugplatz Samedan im Oberengadin gemeldet.
Der Nordföhn hat sich heute lehrbuchmässig in die Niederungen der Alpensüdseite durchgekämpft, in Comprovasco im Bleniotal ist er kurz nach 9h (=7h UTC) durchgebrochen (im unteren Bild links). Lugano hatte ab 11.30h Föhn (nicht gezeigt), in Stabio im Mendrisiotto war es kurz nach 12h soweit (im unteren Bild rechts).

Dargestellt sind von oben nach unten folgende Parameter:
- Windfiedern, Mittelwind und Böenspitzen in kt (schwarz)
- Temperatur (rot), Feuchttemperatur (hellrot), Taupunkt (blau), relative Feuchte in grün - rechte Skala
- Sonnenscheindauer (gelb)
- Druck (QFF, braun)
- Niederschlag in mm (blau)

Überhaupt war die Windsituation in der Schweiz heute sehr interessant, wie die untere Windkarte von 15.30h (=13.30 UTC) zeigt: Zusätzlich zu den beschriebenen Joran- und Nordföhneffekten gab es in den Tälern der Nordseite zügigen Talwind, und im Mittelland an fast allen Station Nord- oder Nordwestwind. Eine eher ungewohnte Situation für das Mittelland, sind doch die beiden Hauptwindrichtungen Südwest und Nordost…

Zwischen dem Zugersee und dem Unteraargau ist zudem eine schöne Konvergenz zu erkennen (NW-Wind trifft auf NE-Wind), entsprechend hat es in dieser Region am Nachmittag auch längere Zeit geregnet.

Quelle und Aufbereitung der gezeigten Stationsdaten: MeteoSchweiz

Dienstag, 11. Mai 2010

Kräftige Gewitter

Ein paar Stunden Sonne haben heute gereicht, um in der feuchtwarmen Luftmasse zwei recht markante Gewitterlinien entstehen zu lassen. Eine erste, eher kleinräumige Zelle zog am frühen Nachmittag von der Ajoie nach Basel. Im Laufe des Nachmittags hat sich dann eine zweite Linie formiert. Diese ist von den Berner Voralpen über die Region Luzern und den Zürichsee bis zum Bodensee gezogen.

Kurz nach vier hat das auf dem Radarbild folgendermassen ausgeschaut (Quelle: schweizerbauer.ch):

Bild animiert

Ziemlich gross, das violette Echo. In den violetten Regionen hat es vielerorts gehagelt und ziemlich stark geregnet. Innert 10 Minuten gab’s in Luzern beispielsweise 14 mm Regen. Die Hagelkörner sind aber (glücklicherweise) nicht allzu gross geworden, so 1 bis maximal 2 cm Durchmesser wurden gemeldet. In Thalwil habe ich knapp 1 cm gemessen. Die halbierten Körner hatten aber eine interessante Struktur mit einer klaren Linse in der Mitte (soweit das durch meine bescheidene Fototechnik überhaupt erkennbar ist…):
Der Regen war etwa 20 Minuten lang ziemlich stark, so etwa 20 mm dürften das in Thalwil gewesen sein. Genug auf jeden Fall, um des Nachbars Garten zu überschwemmen. Allerdings ist das Wasser in der Folge rasch versickert:



An den Wetterstationen Luzern und Wädenswil zeigt sich der für eine Gewitterlage typische Ablauf:
Vor dem Gewitter leichter Druckfall, und mit der Sonne schwülwarme 20 bis knapp 22 Grad. Bei Gewitterdurchzug markanter Temperaturrückgang, in Luzern kurzzeitig auf 6.2°C! Durch den Luftmassenwechsel ist der Druck um etwa 3 Hektopascal angestiegen und es wurden Böenspitzen von 80 bis 95 km/h ausgelöst. In Schmerikon am oberen Zürichsee wurden sogar 102 km/h gemessen.

Mittwoch, 5. Mai 2010

Bise noire - die "schwarze" Bise

Normalerweise bedeutet Bise schönes Wetter, zumindest in den Bergen. Über dem Flachland und den Voralpen entlang hat's im Winter oft Hochnebel. Je stärker die Bise, umso höher ist die Obergrenze der Hochnebelsuppe. Im Sommer bringt die Bise auch dem Flachland Schönwetter, nicht umsonst lautet eine Bauernregel: "Ostwind bringt Heuwetter, Westwind bringt Krautwetter, Südwind bringt Hagelwetter und Nordwind bringt Hundewetter."

Soweit also der Normalfall, dieser ist in den zwei Wetterkarten auf der linken Seite dargestellt. Der klassische Fall also mit einem Hoch über England und der Bisenströmung über der Schweiz. Auch in der Höhe herrscht Hochdruckeinfluss (untere Karte), der Wind weht normalerweise aus dem Sektor Nordwest bis Nordost. Sowohl am Boden als auch in der Höhe weht der Wind wegen dem Hochdruckeinfluss im Uhrzeigersinn (brauner Pfeil).

Nun hatten wir gestern und heute auch eine Bisenströmung, vor allem gestern am Genfersee war sie mit Böenspitzen bis 85 km/h auch recht stark. Allerdings war es auch ausgesprochen trüb mit Nieselregen, dazwischen auch mal stärkerem Regen. Die Wolkenbasis ist zeitweise auf 600 Meter abgesunken (o.k., es war nicht überall ganztags trüb, dazu aber später). Gleichzeitig gab's auf der Alpensüdseite Starkniederschläge - also nichts mit dem oben beschriebenen Hochdruckeinfluss. Somit tritt dann und wann auch eine zweite Art von Bise auf - die sogenannte Bise noire oder eben die schwarze Bise. Auf der Wetterkarte ist sie im rechten Bild dargestellt.

Die Unterschiede sind auf den ersten Blick erkennbar: Markant ist vor allem das Tief über dem westlichen Mittelmeer. Auf der Bodendruckkarte (Bild oben) kommt die Strömung zwar immer noch aus Nordosten, über den Alpen weht sie aber gegen den Uhrzeigersinn (eine sogenannte tiefdruckbestimmte oder zyklonale Krümmung; blauer Pfeil). Auch in der Höhe ist das Tief sehr ausgeprägt (Bild unten rechts), der Wind über den Alpen weht jedoch aus Südost. Diese Südostströmung führt feuchte, instabil geschichtete und relativ warme Mittelmeerluft an den Alpensüdhang. Dort wird sie gestaut und angehoben - es bilden sich intensive Niederschläge. Diese greifen teilweise auch auf weiter nördlich gelegenen Regionen über (heute beispielsweise in Zermatt mit fast 60 mm in 24h, ein grösserer Teil davon als nasser Schnee...). Die südöstliche Höhenströmung hat allerdings auch für gewisse Föhneffekte gesorgt, sodass es nicht überall durchgehend trüb war. Gestern konnte sich beispielsweise der Südostföhn im Wallis bis ins Tal durchsetzen (Sion, Visp), die Temperaturen stiegen dabei in Sion auf 18.8°C. Heute hat der Südostwind oberhalb der "Bisenschicht" vor allem in den östlichen Alpen ein paar Löcher in die Wolkendecke gerissen. So gab es am Säntis immerhin 4.5h Sonne, auch im nördlichen Graubünden wurde der eine oder andere Sonnenstrahl gesichtet...
Quelle der Daten und Bilder: MeteoSchweiz

Montag, 3. Mai 2010

Ausgiebige Niederschläge - in Graubünden teils Schnee bis in die Täler

Ein erster Schub mit den lang ersehnten Niederschlägen ist zwischen dem 30. April und dem 2. Mai eingetroffen. Ausgeprägte südwestliche Höhenwinde und eine weitgehend stationäre, über der Schweiz liegend Frontalzone haben die Trockenheit vorerst beendet.

Das ganze Land wurde mit Regen „bedient“, allerdings in unterschiedlichen Mengen. Aufgrund der Südwestströmung fiel im Tessin am meisten Niederschlag (70 bis 150 mm), in den übrigen Regionen gab es vielerorts 20 bis 45 mm (s. Bild unten mit den 72-stündigen Niederschlagssummen).

In der Nacht auf heute (3. Mai) waren die Niederschläge vor allem in den zentralen und östlichen Alpen recht intensiv (Urner- und Glarnerland, Nord- und Mittelbünden). Ursache dafür waren die von der Alpensüdseite übergreifenden, teils konvektiv durchsetzten Niederschläge. So fielen beispielsweise in Andeer im Schams/GR innert 12h etwa 50 mm Niederschlag. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Schneefallgrenze aufgrund der sogenannten Niederschlagsabkühlung teilweise bis in die Talböden gesunken ist. Der Niederschlagsabkühlung liegt folgender physikalischer Prozess zugrunde: Geraten fallende Schneeflocken in eine „warme“ Umgebung, so beginnen sie zu schmelzen. Der Schmelzprozess entzieht der Umgebung aber Wärme, die Luftmasse kühlt ab.

Sind die Niederschläge also intensiv, so benötigt der Schmelzprozess viel Energie und die Schneefallgrenze kann sich sukzessive „nach unten“ vorarbeiten. Damit das Ganze in der Natur aber auch funktioniert, müssen ein paar Bedingungen erfüllt sein:

  • wenig Wind, damit abgekühlte Luftschicht nicht durchmischt wird
  • in den Alpentälern ist die Niederschlagsabkühlung im Vergleich zum Flachland viel effektiver. Dies aufgrund des geringeren Luftvolumens, welches abgekühlt werden muss. Sobald also die Schneefallgrenze das mittlere Kammniveau erreicht, kann sie bei intensivem Niederschlag relativ schnell absinken.
  • starker Niederschlag (>10mm) in kurzer Zeit, als sehr grobe Faustregel gilt: pro 5 mm Niederschlag kann die Schneefallgrenze um 100 m absinken

Das nebenstehende Diagramm zeigt anhand der Messwerte der Wetterstationen Disentis (1197m; in blau) und Chur (556m; in rot) die lehrbuchmässige Niederschlagsabkühlung zwischen Sonntagabend und Montagmorgen. (Oben: Verlauf der Feuchttemperatur als Mass für die Schneefallgrenze, sobald die Feuchttemperatur etwa 1.2°C erreicht, geht der Regen an der Station in Schnee über; Mitte: 10-minütige Niederschlagssumme; Unten: automatisch gemessene Schneehöhe, nur in Disentis verfügbar)

Von der Luftmasse her lag die Schneefallgrenze am Sonntagnachmittag auf etwa 1800 Metern. Am Abend intensivierten sich die Niederschläge in Disentis, die 10-minütigen Intensitäten lagen kurzzeitig bei 1.5 mm, die Stundensummen erreichten über einen längeren Zeitraum 4 bis 8 mm. Ab etwa 22h (20h UTC) hat es an der Station geschneit, eine Stunde später lag 1 cm Schnee auf dem Messfeld. Bis am Morgen gab es immerhin eine Gesamtschneehöhe von 9 cm. In Chur haben die stärkeren Niederschläge später eingesetzt (zweite Nachthälfte), aber auch hier reichte es in den fühen Morgenstunden (ca. 4h) zumindest kurzzeitig für nassen Schneefall.

Neuschneemessungen von MeteoSchweiz von heute Morgen:

  • Arosa: 27 cm
  • Grimsel-Hospiz: 25 cm
  • Andermatt: 19 cm
  • Sedrun 15 cm
  • Sils-Maria 10 cm
  • Tavanasa 5 cm
  • Samedan 3 cm
  • Elm 1 cm

24-stündige Neuschneesummen von mehr als 25 cm sind in Arosa im Mai doch eher selten und kommen alle 3 bis 4 Jahre vor (Messung seit 1931). In den vergangenen Jahren war dies jedoch seltener der Fall, der letzte ähnliche Wert stammt mit 32 cm vom 6. Mai 1997. Die grösste Mai-Tagessumme wurde mit 63 cm am 1. Mai 1959 aufgezeichnet.