Kommentare, Analysen und kurze Beschreibungen zu interessanten Wetterlagen oder Wetterphänomenen in der Schweiz

Freitag, 2. November 2012

Föhnwolken und Kelvin-Helmholtz-Wellen

Satellitenbild (HRV-Kanal) und Satrep, 31. Oktober 2012
12 UTC. Quelle: eumetrain
Der Oktober hat uns unglaublich viele spannenden Wetterlagen beschert, und wir konnten in rascher Abfolge fast alle Jahreszeiten erleben.

Die Medien und die diversen Monatsrückblicke haben diese Themen ja bereits mehr oder weniger erschöpfend behandelt. Zu Ende gegangen ist der Oktober mehr oder weniger standesgemäss mit einer Föhnlage. Diese war nicht sehr ausgeprägt, hat aber ein paar schöne Wolkenbilder hervorgebracht.

Am Vormittag des 31. Oktober war es auf der Alpennordseite (ausserhalb des Nebels) lange Zeit wolkenlos. Gegen Mittag ist dann aus Süden ein markanter Deckel mit Warmluftbewölkung aufgezogen (s. Satellitenbild). Unterhalb von diesem Gewölk haben sich in den mittlerern Schichten zunächst schöne Föhnfische ("Altocumulus lenticularis") gebildet:

31. Oktober 2012, mittags. Blick von Walenstadtberg/SG nach Süden in die
Flumserberge. Die Föhnfische sind oben ausgefranst, die Föhnströmung
ist nicht sehr stark. Ganz unten im Bild ist noch ein Teil der sekundären
Föhnmauer am nördlichen Alpenkamm im Bereich Piz Segnas-Ringelspitz
zu erkennen.
Im weiteren Verlauf wurde die hohe Bewölkung dichter, und die Föhnfische haben sich angefangen aufzulösen. Dabei sind für kurze Zeit schöne Kelvin-Helmholtz-Wellen entstanden:

Kelvin-Helmholtz-Wellen über den Flumserbergen. Das Bild ist leicht
kontrastverstärkt.
Damit solche Wellen entstehen können, muss:
  • die Schichtung der Atmosphäre stabil sein
  • eine vertikale Windscherung vorhanden sein (Änderung der Windgeschwindigkeit und/oder der Windrichtung mit der Höhe)
Das Prinzip ist dasselbe wie bei einer brechenden Welle auf dem Meer.

Montag, 1. Oktober 2012

Hochnebel, Quellwolken und Nebelbögen

Pfaff/SZ, 2109m mit Blick zum Pfannenstock und Bös Fulen, 1. Oktober 2012:
Hochnebel mit Obergrenze auf etwa 2000m, darüber Quellwolken.
Gestern und heute gab’s ein prächtiges Nebelmeer zu bewundern, allerdings musste man hoch genug  hinauf.

Interessant an der aktuellen Hochnebellage ist vor allem deren Entstehung, es handelt sich nämlich nicht um eine klassische Bisen-Hochnebellage. Um das Ganze zu verstehen, muss man ein paar Tage zurückschauen:

Nach dem Föhnsturm vom 26. September ist unterhalb von etwa 3000 Metern feuchte Kaltluft eingeflossen, lokal hat’s bis auf 1400m runtergeschneit. Am 27. Und 28. September hat ein Zwischenhoch die Feuchte abgetrocknet, in der Grundschicht ist aber die kalte Luft erhalten geblieben. Tags darauf (29. September) ist in der Höhe aus Südwesten feuchte Warmluft aufgezogen. Dabei ist auch immer wieder Regen gefallen (im Flachland mehr als erwartet), durch den Regen wurde die bodennahe Kaltluft wieder angefeuchtet. In der Radiosonde von Payerne ist dieser Ablauf schön zu sehen:




Diese feuchte Kaltluft ist dann gestern und heute über uns liegen geblieben und hat ziemlich genau bis in eine Höhe von 2000 Metern gereicht. Darüber wurde die Luft etwas trockener, aber wegen der aus Südwesten heranziehenden Höhenkaltluft auch instabiler. Schlussendlich hatten wir zwei voneinander abgekoppelte Luftmassen: unten feuchte Kaltluft, oben mässig trockene und labil geschichtete Meeresluft.

Die Instabilität hat über der stabilen Hochnebelluft tagsüber für Quellwolkenbildung gesorgt. Zudem gab es gestern und heute den seltenen Fall von Schauern, die in die geschlossen Hochnebeldecke reinregneten.
Visuell das schönste Phänomen waren heute aber eindeutig die Nebelbögen. Ein paar davon konnte ich heute am Weg zum Pfaff, 2109m oberhalb der Glattalp/SZ fotografieren:

Zum Teil waren sogar die Sekundärbögen und die dunkle Zone dazwischen sichtbar. Die physikalische Erklärung zu diesem Phänomen ist bei meteoros zu finden.

Samstag, 15. September 2012

Es herbstelt...

Nun wird es langsam Zeit, den Blog wiederzubeleben. Vor allem weil man allmählich wieder über den Schnee schreiben kann...
Region Fronalpstock/SZ auf ca. 1800m, 14. September 2012
Nach den heissen Tagen im August hat es bis heute bereits zweimal deutlich unter die 2000-Meter-Marke geschneit (zum Monatswechsel und am 12./13. September). Die minmale Schneebedeckung in den Alpen (bzw. die maximale Ausaperung der Gletscher) wurde Ende August erreicht.

Der wärmste Tag des Jahres in den Bergen war eindeutig der 19. August, wie die Grafik mit den Tagesmitteltemperaturen auf dem Jungfraujoch zeigt. Die +8.8°C sind extrem und ein neuer Rekordwert seit Messbeginn im Jahre 1933 (bisher +7.7°C am 2.7.1952):


Am 19. und 20. August waren wir im Gebiet um den Oberalpstock unterwegs. Auf dem Brunnifirn lag auch zuoberst kaum mehr Winterschnee, und auf dem Gletscher musste man aufpassen, dass einem das Wasser nicht in die Schuhe rinnt...:

20. August 2012: Auf dem Brunnifirn, beim Aufstieg zum Oberalpstock
Hier noch ein Satellitenbildvergleich. Oben das Bild vom 19. August 2012, unten jenes von gestern. Nach den zwei erwähnten Kaltlufteinbrüchen schaut's mit der Schneebedeckung in den Alpen schon wieder besser aus:
Schnee und Eis (rot) am 19. August 2012. Quelle: MODIS/NASA

Schnee und Eis (rot) am 14. September 2012. Quelle: MODIS/NASA

Samstag, 12. Mai 2012

Doppler Radar oder Doppel Radar...?


Links: alter Radar, Baujahr 1994, rechts
neuer Radar, Baujahr 2012
Gestern wurde der neue Wetterradar auf dem Albis montiert. Am Abend habe ich im schönen Licht noch ein paar Bilder gemacht. Wer weiss wie lange man diesen Anblick noch geniessen kann, bevor der alte Radar demontiert und der Turm abgebrochen wird. Freue mich schon, bis das neue Gerät Niederschlagsbilder liefert...

Infos zum neuen Radarnetzwerk gibt's hier.



Dienstag, 10. April 2012

Eintägiger Föhn

Blick von Rüschlikon (Duttipark) über den Zürichsee in die Glarner Alpen
Der April ist eigentlich der föhnreichste Monat des Jahres, in diesem Jahr war davon bisher nicht viel zu spüren. Immerhin gabs heute mal eine richtige Föhnlage. Nach etwa 24 Stunden ist sie aber auch schon wieder zu Ende.

Ein paar Dinge waren interessant:

1.) Innert 48h hat der Gradient über den Alpen von etwa 13hPa Nordüberdruck auf ebensoviel Südüberdruck gewechselt. Schon eindrücklich wie rasch sich die Grosswetterlage umstellen kann.

Der Alpenraum von oben. Links die Nordwindlage vom Ostersonntag, rechts der Südföhn von heute. Eis und Schnee
sowie Eiswolken sind bläulich, Wasserwolken weiss. Quelle: NASA Modis


Auch hier: Links Nordwind, rechts Südföhn. Die blaue Linie ist die gemessene Druckdifferenz Kloten-Lugano, die
graue Linie die vom Modell berechnete.

2.) Obwohl im Süden bis am späteren Nachmittag praktisch kein Niederschlag gefallen ist, waren die Sichtverhältnisse im Norden sehr gut (s. Foto oben). Normalerweise wird die Föhnsicht im Norden erst gut, wenn die Luft mit dem Niederschlag im Süden "gewaschen" wir. Vermutlich war heute die herangeführte Luft durch den dynamischen Wetterverlauf der letzten Tage noch wenig gealtert und kaum mit Aerosolen angereichert.

3.) Die Föhntemperatur in Chur war heute zwei Grad höher als in Altdorf (18.8°C / 16.8°C). Das ist ungewöhnlich, normalerweise ist es genau umgekehrt. Ursache? - ich weiss es nicht wirklich. Altdorf hatte um die Mittagszeit etwas weniger Sonne als Chur. Das kann allerdings kaum soviel ausmachen. Eventuell spielt der Neuschnee vom Ostersonntag eine gewisse Rolle. In den Bündner Tälern hat's kaum geschneit, im Reusstal hingegen lag noch bis relativ weit herunter Neuschnee.

4.) Das Wind- und Temperaturprofil von der Radiosonde Mailand liess auf gute Wellenbedingungen für Segelflüge schliessen. Auch das experimentelle Produkt vom DWD zeigte schöne Wellenaufwinde im Osten der Schweiz:

Simulierte Vertikalgeschwindigkeit auf ca. 5500 m für heute um 16 Uhr
Lokalzeit. Quelle: flugwetter.de, kostenpflichtig
Bleibt die Frage, wie gut eine solche Prognose ist. Ich weiss es nicht. Aber die Schäniser Segelflieger waren heute unterwegs und haben im Bündnerland eine Höhe von 6000m erreicht. Schönes Bildmaterial und interessante Kommentare gibt's im Blog von Ernst Willi. Der Track des Fluges ist hier zu finden.

Sonntag, 8. April 2012

Frohe Ostern!

Damit der Wetterblog nicht vollständig verwaist, hier zumindest ein paar Wetterbilder vom heutigen Ostersonntag. Vor der Spätschicht hat's grad noch für einen kleinen Ausflug gereicht (Region Hüttnersee - Itlimoosweiher an der Kantonsgrenze ZH/SZ auf ca. 650m). Und ganz ehrlich gesagt: ich habe mich über den Schnee gefreut...

Hüttnerseeli

Ganz herzlichen Dank an die unbekannte Amazone für das schöne
Fotomotiv.
Den Osterhasen habe ich auch getroffen, er war bis zu den Ohren
eingeschneit...

Freitag, 16. März 2012

Wärmster Tag des Jahres...

16. März 2012. Blick von Oberrieden/ZH über den Zürichsee nach Osten.
Die Sonne ging um 6.46h genau zwischen dem Säntis und dem Altmann auf.
Eigentlich mag ich diese Schlagzeile überhaupt nicht, auch wenn man sie immer wieder hört und liest. Klingt halt schon ein wenig nach Rekord, und das gefällt den Medien. Auf jeden Fall lässt sich dieser Titel bis Ende August immer wieder verwenden, wenn man das mag...

Warm war's heute auf jeden Fall, aber eben nicht extrem. Und schon gar nicht wie heute im Radio gehört der wärmste "Mitte-März-Tag" seit über 30 Jahren. Im Jahr 2004 war es am 17. und 18. März ähnlich warm, an vielen Stationen sogar noch ein Grad wärmer. Die absoluten Märzrekorde stammen an den meisten Station übrigens vom Ende des Monats, was angesichts des zunehmenden Sonnenstandes auch nicht verwundert.

Heute Morgen habe ich nach dem Nachtdienst den Sonnenaufgang am Zürichsee fotografiert (s. oben). Die Sicht war extrem gut, die Dunstschicht über dem See war keine 100 Meter dick und ist kaum erkennbar. Am Nachmittag war ich noch kurz am Türlersee. Und siehe da, der See ist immer noch teilweise gefroren. Natürlich ist das kein Schwarzeis mehr, aber für leichte Tiere ist es nach wie vor tragfähig:

Türlersee, 16. März 2012. Am seichten Ufer ist der See aufgetaut, mehrheit-
lich ist er aber noch mit trübem und feuchtem Eis bedeckt.

Das zeigt wieder einmal, wie träge das Wasser auf Änderungen der Lufttemperatur reagiert. Dies gilt eben nicht nur für die Speicherung von Wärme, sondern auch für das Speichervermögen von Kälte.